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Rede von Markus Löffelhardt zu einer Ausstellung von Peter Odenwaeller in Freiburg.

Peter Odenwaellers plastische Arbeiten sind von großer visueller Ruhe und Kraft. Sie wirken zur Peripherie der Wände hin wie Gravitationszentren .
Der Bildhauer nähert sich dem Thema Architektur . Im Zentrum seines Schaffens steht, unverrückbar wie ein Fels, der theoretische Entwurfsgedanke – ein Gedanke, der ganz dem abstrakten Nachdenken über Raumwirkungen und Raumzusammenhänge gilt. Gedanken, die dann jedoch am Material überprüft, korrigiert, ausbalanciert und umgesetzt werden. Nicht der Raumhülle, in der Architektursprache Wände, Decken, Fußböden, gilt seine hauptsächliche Aufmerksamkeit, sondern dem Raum selbst. Dementsprechend sind seine Plastiken auch nicht von außen, sondern vor allem von innen heraus zu erleben. Die Umhüllungen quasi nur notwendige Trennlinie, Definition einer Raumgrenze. Dass diese Grenzen durchaus einmal plastische Dimensionen annehmen können, erklärt sich aus der drängenden Wirkung von Massen auf das Raumerleben im Inneren. Es entsteht dabei eine Gewichtung und damit eine Dynamik des abstrakten, leeren Volumens.
Die Umsetzung der Entwurfsgedanken des Künstlers folgt konsequent dem gedanklichen Weg von innen nach außen. Aus Styropor, Holz oder auch aus verschiedenen Fundstücken werden Volumen aufgebaut, die später als leerer Raum erscheinen. Formen umhüllen diese Volumen und werden dann mit verschiedenen Materialien ausgegossen, danach die innen liegenden temporären Stützen und Schalungen entfernt. Die aus diesem Prozess entstehenden Formen zeigen große Variabilität. Mal sind es schwere, plastische Volumen, die eine weihevoll anmutende kleine Öffnung schützend umschließen, mal sind es aber auch filigrane Stützlinien, Gitternetze, die kaum mehr sind als ein Koordinatensystem abstrakter euklidischer Raumdefinition.
Für den Guss wählt Odenwaeller immer ganz bewusst neutrale Materialien: Gips, Zinn oder Aluminium. Das sind Stoffe, die ihm den notwendigen Spielraum gewähren, abseits von haptischen Qualitäten, die vom Erleben der sensibel ausponderierten Zwischenräume ablenken würden. Dabei bietet der Gips beste Möglichkeiten zu späteren Korrekturen, sei es durch Ergänzungen, oder auch durch Verminderung der Volumen. Sägen, schneiden, feilen, spachteln – ein Material vielseitigster Möglichkeiten.
Odenwaeller studierte in Karlsruhe bei Walter Maria Förderer, einem Architekten dessen Entwürfe weit in die Sphäre der künstlerisch plastischen Modellierung hineinreichen. Daneben studierte er auch bei Otto Hajek, einem Bildhauer, dessen Skulpturen wie mit Fingern ausgestattet in den Raum greifen, diesen zu ordnen, Richtungen zu definieren versuchen. Beide Künstler stehen für die Polarität zwischen Kunst und Architektur. Nicht erst seit der Ausstellung „Archiskulptur“ der Foundation Beyerler wissen wir, wie stark sich die beiden Kunstgattungen Architektur und Skulptur gegenseitig beeinflusst haben. Das war auf einer vordergründigen Ebene zu allen Zeiten so, man denke nur an Künstler wie Bernini oder Michelangelo, verdichtete sich aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den Konstruktivisten zu ganz konkreten Grenzüberschreitungen der vordem noch klar definierten und abgegrenzten Gattungen, die alsbald neue, erweiterte Felder von Kunst und Architektur nach sich zogen, die heute längst selbstverständlich geworden sind.
Die Objekte Odenwaellers verweigern sich durch ihre Größe der Begehbarkeit und damit der architektonischen Zweckgebundenheit. Sie geben aber auch keinerlei Hinweis auf Maßstäblichkeit und funktionieren deshalb auf universaler Ebene. Keine Modelle, keine Kleinplastik, keine Miniaturwelten. Einfach nur Raumgebilde, die den Betrachter ins Innere hineinziehen wollen – Aufforderung zur Entdeckung der modellierten räumlichen Beziehungssysteme.
Obgleich die Plastiken Odenwaellers auf einer vordergründigen Ebene große Ruhe, Intimität und Geschlossenheit ausstrahlen, verschmelzen Innenwelt und Außenwelt, Hohlraum und Raumbegrenzung bei seinen Objekten zu einer untrennbaren Einheit und demonstrieren dabei sinnfällig die Hinfälligkeit, die Beschränktheit rational begründeter Dualität von außen und innen und bilden damit ein Manifest für eine Komplexität des Seins, ein Manifest für Untrennbarkeit und Verflechtung – eine künstlerische Auffassung, die sich in Gebiete weit jenseits des tradierten Individualitätsgedankens wagt. In jüngster Zeit experimentiert der Künstler vermehrt mir Fundgegenständen, die er äquivalent zur plastischen Modellierung von Körpern einsetzt– eine konsequente, interessante und viel versprechende Modifizierung seiner künstlerischen Fragestellung.